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Verfasser dieser News:

Lothar Lachner

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

5. August 2015

Die Nutzung eines „Ladens“ in einer Wohnungseigentumsanlage als Gaststätte ist grundsätzlich unzulässig

In dem entschiedenen Fall hat der Bundesgerichtshof auf die Klage einer Wohnungseigentümergemeinschaft die nächtliche Nutzung einer als „Laden“ ausgewiesenen Teileigentumseinheit als Gaststätte untersagt.

Der beklagte Teileigentümer hatte im Jahr 1995 eine Teileigentumseinheit erworben, die in der Teilungserklärung als „Ladenraum“ bezeichnet ist. Darin betreibt sein Neffe eine Gaststätte, die nach Freigabe der Öffnungszeiten für Gaststätten im Saarland jedenfalls seit dem Jahr 2007 bis in den Morgen hinein geöffnet ist. Am 10.05.2011 wurde ein – inzwischen bestandskräftiger –  Beschluss der Eigentümerversammlung gefasst, wonach „die derzeit vorhandenen Gaststätten und Restaurantbetriebe „nur bis 01:00 Uhr nachts geöffnet sein dürfen“. Die mit der gerichtlichen Durchsetzung beauftragte Verwalterin erhob Klage. Amts- und Landgericht Saarbrücken wiesen die Klage ab. Auf die Revision verurteilte der BGH die Teileigentümerin antragsgemäß.

Das Argument der Vorinstanz, der Unterlassungsanspruch der WEG sei verwirkt, weil die Nutzung als Gaststätte schon seit etlichen Jahren unbeanstandet erfolgt sei, lässt der BGH nicht gelten. Der Verwirkung stehe jedenfalls entgegen, dass die Freigabe der Öffnungszeiten für Gaststätten vor noch nicht allzu langer Zeit erfolgt sei. Der auf nächtliche Öffnungszeiten beschränkte Unterlassungsanspruch könne daher nicht verwirkt sein. In dem Zusammenhang stellt der BGH auch klar, dass die etwaige Verwirkung eines Unterlassungsanspruchs der Nutzung als Gaststätte vor 01:00 Uhr nachts wegen der jahrzehntelangen Duldung nicht dazu führe, dass die beklagte Teileigentümerin so zustellen sei, als diente ihre Teileigentumseinheit als Gaststätte. Die Verwirkung schützt nur davor, dass das bislang geduldete Verhalten geändert oder aufgegeben werden muss, begründet aber nicht das Recht, neue nachteilige Veränderungen vorzunehmen. Um solch „neue und qualitativ eigenständige Störungen“ handele sich insoweit, als die Gaststätte vor dem Jahr 2007 nicht – wie im Zeitpunkt der Entscheidung –  in den Nachtstunden nach 01:00 Uhr betrieben worden ist.

Der Grundsatz, dass die Beklagt die in der Teilungserklärung als „Laden“ bezeichnete Teileigentumseinheit nicht als Gaststätte (nach 01:00 Uhr nachts) nutzen dürfe, ergebe sich in Urteilsfall auch aus Folgendem: Zwar sei anzuerkennen, dass sich eine nach dem vereinbarten Zweck an sich ausgeschlossene Nutzung (vereinbarter Zweck „Laden“ schließt grundsätzlich Nutzung als Gaststätte aus) als zulässig erweisen könne, wenn bei typisierender Betrachtungsweise die an sich ausgeschlossene Nutzung nicht mehr störe als die vorgesehene zulässige Nutzung. Dies sei anzunehmen, wenn eine solche anderweitige Nutzung die übrigen Wohnungseigentümer nicht über das Maß hinaus beeinträchtige, das bei einer Nutzung zu dem vereinbarten Zweck typischerweise zu erwarten ist. Dies verneint der BGH im Urteilsfall und weist in dem Zusammenhang daraufhin, dass bei der im Saarland gelegenen Wohnanlage Läden
– anders als Gaststätten – zur Nachtzeit geschlossen sein müssen.

Praxistipp: Wie dem Urteil des BGH entnommen werden kann, ist nicht jede Nutzung einer Teileigentumseinheit in einer Eigentumswohnanlage, die nicht mit dem in der Teilungserklärung angegebenen Nutzungszweck übereinstimmt, per se untersagt. Vielmehr dürfte eine andere als die in der Teilungserklärung vorgesehene Nutzung zulässig sein, wenn sie typischerweise die anderen Wohnungseigentümer nicht mehr stört als die nach Teilungserklärung zulässige vereinbarte Nutzung. Ob dies im Einzelfall zu bejahen ist, darüber lässt sich naturgemäß heftig und lange streiten, und es wird häufig nicht im Vorhinein abzusehen sein, wie die Gerichte entscheiden werden. Vor dem Erwerb ebenso wie vor der Anmietung einer Teileigentumseinheit zum Betrieb eines bestimmten Unternehmens sollte sich ein Kauf- oder Mietinteressent daher verlässlich über den nach Teilungserklärung erlaubten Nutzungszweck sowie über eine etwa erforderliche Verwalterzustimmung zur Aufnahme der beabsichtigten Nutzung informieren. Anderenfalls kann er später – ggfs. nach Tätigung hoher Investitionen – eine unangenehme Überraschung in Form einer Nutzungsuntersagung erleben.

[BGH-Urt. v. 10.07.2015 – Az. V ZR 169/14]