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Verfasser dieser News:

Lothar Lachner

30. Januar 2017

Vermieter aufgepasst: Der Bundesgerichtshof ändert seine Rechtsprechung zur Eigenbedarfskündigung

Die Verletzung der Pflicht zum Angebot einer freiwerdenden Alternativwohnung macht die Kündigung nicht unwirksam, verpflichtet den Vermieter aber zum Schadenersatz!

1.

Eine (außen) Gesellschaft des bürgerlichen Rechts kann eine Eigenbedarfskündigung mit dem Eigenbedarf eines ihrer Gesellschafter oder dessen Angehörigen begründen, § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist entsprechend anzuwenden.

2.
Ein Vermieter, der wegen Eigenbedarf kündigt, hat aufgrund seiner vertraglichen Rücksichtnahmepflicht dem Mieter eine andere, während des Laufs der Kündigungsfrist verfügbar werdende vergleichbare Wohnung für eine Anmietung anzubieten, sofern sich diese Wohnung im selben Haus oder in derselben Wohnanlage befindet und der Vermieter diese wieder vermieten will.

3.
Die Verletzung der in Ziffer 2 behandelten Anbietpflicht des Vermieters führt – entgegen der bisherigen Rechtsprechung des 8. Zivilsenates, die dieser nicht mehr aufrecht erhält – nicht zur nachträglichen Unwirksamkeit der berechtigt ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung, son-dern zu einem Anspruch des gekündigten Mieters auf Schadensersatz in Geld.

Anmerkung und Hinweis für die Praxis

Im Rahmen einer sehr ausführlichen Begründung setzt sich der BGH zunächst mit der Zulässigkeit einer analogen Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB auf eine von einer als Vermieterin fungierenden GbR (Außengesellschaft des bürgerlichen Rechts) ausgesprochenen Eigenbe-darfskündigung auseinander und bejaht diese im Ergebnis, weil die den Eigenbedarf des Vermieters regelnde Vorschrift eine planwidrige Regelungslücke enthalte. Dem wird man vor dem Hintergrund der seit dem Jahr 2001 anerkannten Teilrechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und der Eigentumsgarantie in Artikel 14 GG, auf die sich sowohl alle natürlichen als auch (teil-) rechtsfähigen juristischen Personen berufen dürfen, zustimmen können.

Der Senat verweist in der Entscheidung auf seine bisherige bereits gefestigte Rechtsprechung, wonach der wegen Eigenbedarfs kündigende Vermieter eine während des Laufs der Kündigungsfrist frei werdende andere vergleichbare Wohnung dem gekündigten Mieter zur Anmietung anbieten muss, sofern sich diese im selben Haus oder in derselben Wohnanlage befindet und er sie erneut vermieten will.

Neu ist, dass ein Verstoß gegen diese Anbietpflicht aber nicht (mehr) zur Unwirksamkeit der ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung führen soll, sondern Schadensersatzansprüche des Mieters auslösen kann. Das begründet der BGH, mit dem aus meiner Sicht nicht unbedingt zwingenden Argument, die Verletzung der Anbietpflicht beziehe sich auf eine andere Wohnung als die gekündigte, der berechtigt ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung könne nicht nachträglich das Verdikt rechtsmissbräuchlichen Verhaltens zugeschrieben werden. Die Annahme, der Vermieter verhalte sich sozusagen nachträglich rechtsmissbräuchlich, wenn er an der von ihm ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung trotz Freiwerdens einer anderen Wohnung im selben Objekt oder in derselben Wohnanlage an der Eigenbedarfskündigung festhalte, lasse sich auch dogmatisch nicht befriedend begründen. Auch sei ein Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses wegen Verletzung der Anbietpflicht gemäß § 249 BGB nicht gegeben, weil diese Pflicht eine andere Wohnung betreffe, über die kein Vertragsverhältnis mit dem gekündigten Mieter bestand.

Die Verletzung der Anbietpflicht kann für den Vermieter ggfs. sehr teuer werden. Wenn für die Bemessung des Schadensersatzanspruches dieselben Grundsätze wie bei einer vorgetäuschten Eigenbedarfskündigung gelten, wovon m. E. auszugehen ist, schuldet der Vermieter nicht nur den Ersatz von Makler- und Umzugskosten, sondern auch den Ausgleich einer ggfs. hohen Mietdifferenz.

[BGH, Urt. v. 14.12.2016 – Az. VIII ZR 232/15]