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Verfasser dieser News:

Lothar Lachner

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

9. November 2017

Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Vereinbarung einer Bauausführung, die nicht die Mindeststandards der anerkannten Regeln der Technik einhält

1.
Hat eine Bauleistung (Werkleistung) unter anderem den Zweck, das Risiko bestimmter Gefahren bzw. von bestimmten Belästigungen abzuwehren, reicht für die Feststellung eines Werkmangels bereits die Gefahr des Risikos der Verwirklichung der Gefahr (z. B. Durchbiegen von Treppenstufen mangels DIN-gerechter Stufenstärke; Risiko von Schallimmissionen durch Nichtgewährleistung der geschuldeten gängigen Schallschutzstandards) aus.

2.
Es ist zwar zulässig, auch eine Konstruktion oder Bauausführung zu vereinbaren, deren Mindeststandard die allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht gewährleistet. Von einer solchen Vereinbarung kann indes nicht ausgegangen werden, wenn der Auftraggeber sich auf eine entsprechende Vereinbarung mit dem Auftragnehmer einlässt, ohne von diesem unmissverständlich darüber aufgeklärt worden zu sein, dass seine Werkleistung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abweicht und in welchem Maß sich das negativ auswirken kann.

Schon seit geraumer Zeit ist in der Rechtsprechung der OLGe und des BGH anerkannt, dass das Risiko der Verwirklichung einer Mangelgefahr (beispielsweise das Risiko der Funktionsuntauglichkeit einer verbauten Dämmung, das Durchbiegen von Treppenstufen oder das konkrete Risiko durch Belästigungen von Schallimmissionen) einen Baumangel darstellt. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Funktion des Werkes und entsprechende einschlägige allgemein anerkannte Regeln der Technik den Eintritt solcher Gefahren vermeiden wollen.

In dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall war durch den Gerichtsgutachter bestätigt worden, dass die vom Auftragnehmer verwendete System-/Dämmplatte wegen einer zu geringen Belastbarkeit gemäß DIN 18560 – 2: 2009-09 für den Einbau in Garagen nicht geeignet ist. Der Auftragnehmer hatte eingewandt, dass die eingebaute Dämmung bislang jedenfalls funktionstauglich sei (Mängelsymptome also nicht erkennbar seien). Diesen Einwand lässt das OLG Düsseldorf nicht gelten und verweist auf das Vorliegen eines Mangels im Rechtssinne bereits bei einem entsprechenden Risiko des Eintritts entsprechender Mangelerscheinungen.

Eine unmissverständliche Vereinbarung der Vertragsparteien, dass die Ausführung der System-Dämmplatte unterhalb der zu gewährleistenden Belastbarkeit nach der o. g. DIN liegen dürfe, konnte das OLG Düsseldorf nicht feststellen. Für die Annahme einer solchen Vereinbarung der Werkvertragsparteien, die grundsätzlich zulässig sei, sei erforderlich, dass der Unternehmer den Auftraggeber auf den Umstand der Nichteinhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik und auf das mit der Nichteinhaltung dieser Regeln verbundene Risiko hinweise. Dies sei nur dann nicht erforderlich, wenn der Auftraggeber über entsprechende Kenntnisse verfüge oder wenn sich das Risiko ohne Weiteres aus den Umständen ergebe. Falls beides im Einzelfall nicht angenommen werden könne, könne von einer entsprechenden rechtsgeschäftlichen Risikoübernahme durch den Auftraggeber nicht ausgegangen werden (insoweit verweist das OLG zutreffend auf die Entscheidung des BGH, IBR 2013, 269 und IBR 2009, 448).

[OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.06.2017 – Az. 22 U 14/17 -, zitiert nach dem Werkstattbeitrag von Herbst in IBR-Online vom 03.11.2017]