31. August 2013
LAG Rheinland-Pfalz: Das heimliche Mitschneiden eines Personalgesprächs kann zur fristlosen Kündigung führen
Das LAG Rheinland-Pfalz hatte sich mit einer fristlosen Kündigung einer als Sekretärin und Assistentin beschäftigten Arbeitnehmerin auseinanderzusetzen. Diese warf ihrem Arbeitgeber u.a. Mobbing und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz vor. Es kam zu einem Personalgespräch, in dem die Arbeitnehmerin die ihr gegenüber erhobenen Vorwürfe zur Kenntnis nahm, ohne sich dazu zu erklären. Sie nahm dieses Personalgespräch auf ihrem Handy auf und drohte später ihrem Arbeitgeber mit der Veröffentlichung dieser Tonaufnahme. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos.
Nachdem die Arbeitnehmerin schon in der ersten Instanz keinen Erfolg hatte, bestätigte das LG Rheinland-Pfalz die Abweisung der Kündigungsschutzklage.
Das Gericht wies darauf hin, dass eine fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses auch ohne Abmahnung möglich ist, wenn
1. ein Grund vorliegt, der an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, und
2. dieser Grund im Rahmen einer Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere auch des Verhältnismäßigkeitsprinzips zum Überwiegen der berechtigten Interessen des Kündigenden an der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt.
Das LAG wies darauf hin, dass es dem Arbeitnehmer grundsätzlich verwehrt ist, bei einem Gespräch mit seinem Arbeitgeber ein aufnahmebereites Tonbandgerät heimlich mit sich zu führen. Die sich in einem solchen Verhalten dokumentierende Bekundung des Misstrauens gegenüber dem Arbeitgeber schließe eine zukünftige gedeihliche Zusammenarbeit aus, und könne auch eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen.
Ein Arbeitnehmer kann zu einem Personalgespräch jederzeit eine Person seiner Wahl hinzuziehen (ein Betriebsratsmitglied, einen Anwalt usw.). Darauf muss sich ein Arbeitgeber auch bei innerbetrieblichen Gesprächen einlassen, wenn er selbst eine dritte Person zum Gespräch heranzieht. Wenn ein Gesprächsteilnehmer eine Aufzeichnung eines Gesprächs fertigen will, muss er den Gesprächspartner vorab darüber informieren und um die Erlaubnis bitten, das Gespräch aufzeichnen zu dürfen. Denn nur dann hat dieser die Möglichkeit, entweder die Teilnahme am Gespräch zu verweigern oder aber seine Worte unter Berücksichtigung der Aufzeichnung auf einen Tonträger zu wählen.
Dies gilt im Übrigen auch für das Aufzeichnen oder aber Mithörenlassen eines Telefonates. Auch in diesem Fall, kann eine Aufzeichnung und/oder aber die Aussage des heimlich Mithörenden im Regelfall nicht verwertet werden.
Das LAG prüfte auch, ob sich die Arbeitnehmerin auf eine Notwehr-/oder Notstandssituation berufen konnte. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass man hiervon im vorliegenden Fall auch nicht im Ansatz ausgehen könne.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass grundsätzlich auch in einer Notwehr-/oder Notstandssituation das heimliche Aufnehmen von Gesprächen und/oder aber das heimliche Mithörenlassen von Telefonaten nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht zulässig ist und derartige Beweismittel in der Regel nicht verwertbar sind.
Somit bejahte das LAG einen wichtigen Grund für eine Kündigung und kam dann bei der notwendigen Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall dem Arbeitgeber ein Festhalten an dem Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar war.
In diesem Zusammenhang überprüfte das LAG zutreffend, ob es ein alternatives zulässiges Gestaltungsmittel für den Arbeitgeber gegeben habe, welches auch geeignet ist, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck – die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen – zu erreichen. In Betracht zu ziehen wäre in erster Linie eine Abmahnung gewesen. Hierzu führt das LAG aus, dass es einer Abmahnung eines steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dann nicht bedarf, wenn eine Verhaltensänderung selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten ist, oder aber, wenn es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme derselben durch den Arbeitgeber offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist. Denn dann sei grundsätzlich davon auszugehen, dass das künftige Verhalten des Arbeitnehmers nicht schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden könne.
Diese bei allen fristlosen Kündigungen nach der Rechtsprechung vorzunehmende Abwägung führte im vorliegenden Fall dazu, dass das LAG Rheinland-Pfalz den Ausspruch der fristlosen Kündigung für gerechtfertigt hielt.
Es sei weder zu erwarten gewesen, dass die Arbeitnehmerin im Falle einer Abmahnung ihr grundsätzliches Verhalten gegenüber dem Arbeitgeber ändern würde, noch habe diese davon ausgehen können, dass der Arbeitgeber ein derartiges Verhalten (das heimliche Mitschneiden) ohne eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinnehmen werde. Folglich sei davon auszugehen, dass das Ergebnis der im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB anzustellenden Prognose dahin laute, dass es dem Arbeitgeber nicht zuzumuten sei, das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Auch die dann noch vorzunehmende Interessenabwägung führe zu keinem anderen Ergebnis.
Das LAG Rheinland-Pfalz hat in dem zitierten Urteil sehr ausführlich die Voraussetzungen für eine wirksame fristlose Kündigung eines Arbeitgebers herausgearbeitet. Bei allen fristlosen Kündigungen kommt es im Ergebnis immer auf den Einzelfall an. Es bleibt aber festzuhalten, dass das heimliche Mitschneiden eines Personalgesprächs ohne Weiteres als Grund auch für eine außerordentliche Kündigung angesehen werden muss. Auf eine Notwehr-/oder aber Notstandssituation kann sich ein Arbeitnehmer in aller Regel nicht berufen; hier dürfte es kaum Ausnahmefälle geben.
[LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 30.4.2012 – Az. 5 Sa 687/11, veröffentlicht in: Beck RS 2012, 71866]