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Verfasser dieser News:

Lothar Lachner

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

16. November 2017

Unterschiedliche Entstehung und Fälligkeit des Schadensersatzanspruchs wegen eines Mangelschadens und eines „Folge“-Schadens

1. Der Bauträger, der Schallschutzmängel verursacht hat, schuldet im Wege des Schadensersatzes gemäß § 634 BGB neben den eigentlichen Kosten der Beseitigung der Schallschutzmängel auch Ersatz der erforderlichen Kosten einer notwendigen Hotelunterbringung für die Dauer der Mängelbeseitigungsmaßnahmen, darüber hinaus auch Schadensersatz für einen teilweisen Wohnflächenverlust.

2. Steht nach dem eingeholten Sachverständigen-gutachten fest, dass eine Hotelunterbringung erforderlich ist und dass es auch zu einer Verringerung der Wohnfläche bei Durchführung der Mängelbeseitigungs-maßnahmen kommen wird, steht dem geschädigten Erwerber entsprechender Schadensersatz auch dann zu, wenn die Mängelbeseitigung tatsächlich nicht durchgeführt wird.

3. Ein Anspruch im Sinne von Ziffer 2. entfällt nur dann, wenn noch nicht sicher feststeht, ob die Hotelunterbringung erforderlich ist und ob Wohnfläche verloren geht. In diesem Fall kann der potentiell geschädigte Erwerber nur Feststellungsklage erheben.

Die Differenzierung des OLG München hinsichtlich der Ersatzfähigkeit der verschiedenen Schadenpositionen muss vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass der Erwerber (Besteller eines Bauwerks) Anspruch auf geldwerten Ausgleich des reinen Mangelschadens immer hat, wenn der Unternehmer die Nacherfüllungsmöglichkeit nicht wahrgenommen und eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung hat verstreichen lassen. Das bloße Vorhandensein des Mangels belastet das Vermögen des Erwerbers / Bestellers, wie ein einfacher Vermögensvergleich (Wert des Objekts mit und ohne Mangel) beweist.

Die möglichen Folgen eines Mangels belasten das Vermögen des Erwerbers / Bestellers demgegenüber erst dann, wenn sicher feststeht, dass die als möglich erkannten Folgen im Falle der Mängelbeseitigung sicher eintreten werden. Bei wertender Betrachtung umfasst der Schadensersatz wegen Nichterfüllung nämlich all die Aufwendungen, die der Besteller sicher tätigen muss, wenn er den vom Unternehmer an sich geschuldeten Erfolg – die Herstellung der Mangelfreiheit des beauftragten Werkes – nachträglich herbeiführen will. Dazu gehören dann auch die Kosten, die anfallen würden, wenn der Besteller die Mängelbeseitigung tatsächlich vornehmen würde (was für die Ersatzfähigkeit der Schäden nicht Voraussetzung ist).

Eine Verringerung der Wohnfläche im Zuge der erforderlichen Mängel-beseitigungsmaßnahmen belastet das Vermögen des Erwerbers somit schon und zugleich aber auch erst in dem Moment, wo die Wohnflächenreduzierung als sichere Folge einer Mängelbeseitigung feststeht. Entsprechendes gilt für Folgekosten durch einen Hotelaufenthalt.

Die Entscheidung des OLG ist mithin konsequent und entspricht der herrschenden Meinung.

Anmerkung:
Von dem vorstehenden Grundsatz der Ersatzfähigkeit von sicher anfallenden Folgekosten einer Mängelbeseitigung schon vor und unabhängig von der Durchführung der Mängelbeseitigung macht das Schadensersatzrecht in § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB eine praktisch wichtige „Ausnahme“:

Umsatzsteuer auf Mängelbeseitigungskosten – derzeit also die 19 %, die Unternehmer für Reparaturleistungen auf die vertraglich vereinbarte Nettovergütung aufschlagen – ist erst dann ersatzfähiger Schaden, wenn sie tatsächlich aufgewandt worden ist – wenn also der Besteller eine entsprechende Rechnung eines Werkunternehmers einschließlich der ausgewiesenen Umsatzsteuer gezahlt hat. Die gesetzliche Regelung will vermeiden, dass derjenige, der seinen Schaden abstrakt berechnet, indem er die mängelbehaftete Sache behält und fiktiven Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Mängelbeseitigungspflicht des Unternehmers geltend macht, bereichert wird, indem er die ausschließlich bei Vergütung der durch einen Unternehmer tatsächlich durchgeführten Mängelbeseitigung anfallende Umsatzsteuer geltend machen könnte.

Diese gesetzliche Regelung ist zu Ende gedacht im Ergebnis auch konsequent: Das Entstehen einer Umsatzsteuerschuld setzt – unter anderem – einen tatsächlich erfolgenden umsatzsteuerbaren und umsatzsteuerpflichtigen Leistungsaustausch unter Beteilung eines Unternehmers voraus. Die sichere Folge des Anfalls von Umsatzsteuer steht damit praktisch erst fest, wenn der Besteller des mangelbehafteten Werks eine solche umsatzsteuerpflichtige Mängelbeseitigung in Anspruch genommen hat; lässt er beispielsweise die Mängelbeseitigung von einem Kleinunternehmer durchführen, der keine Umsatzsteuer zu berechnen und abzuführen hat, fällt Umsatzsteuer sicher nicht an.

[OLG München, Beschl. v. 25.09.2017 – 9 U 4712/16 Bau, zitiert nach IBR 2017, 3586]