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Verfasser dieser News:

Montgomery Hardebeck

Fachanwalt für IT-Recht

30. August 2013

Piraten contra Petitionsausschuss in Sachen Datenausspähung: Unerwünschte Diskussion oder zu unspezifisches Anliegen?

Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages hat zu der durch die politische Geschäftsführerin der Piratenpartei, Katharina Nocun, eingereichten Petition zur Klage gegen das Tempora-Programm eine erste Stellungnahme abgegeben, wie auf der Internetseite des schleswig-holsteinischen Landtagsabgeordneten Patrick Breyer und u.a. auch bei Spiegel-Online nachzulesen ist.

Frau Nocun verfolgt mit ihrer Petition vom 28.06.2013, welche sie mit der Bitte um Veröffentlichung eingereicht hatte, das Ziel einer Klage gegen das britische Tempora-Spähprogramm. Wörtlich heißt es: „Der Deutsche Bundestag möge beschließen, die Bundesregierung aufzufordern, bei dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Klage gegen Großbritannien einzureichen wegen Verletzung des Grundrechts auf Achtung der Privatsphäre und der Korrespondenz durch Abfangen, Speichern und Überwachen des weltweiten Telekommunikations- und Internet-Datenverkehrs („Tempora-Programm“).

Mit der Bitte um Veröffentlichung wollte die Piraten-Politikerin zur Führung einer öffentlichen Diskussion beitragen, welche durch die Platzierung auf der Internetseite des Deutschen Bundestages einer breitest möglichen Öffentlichkeit zugängig gemacht werden sollte und im Übrigen durch diese Form der Veröffentlichung unmittelbar vor der Bundestagswahl sicherlich auch eine entsprechende Aufmerksamkeit erhalten hätte.

In seiner nunmehr von Mitgliedern der Piratenpartei veröffentlichten Eingangsbestätigung teilt der Petitionsausschuss mit, dass man die Petition selbst an das zuständige Ministerium weitergeleitet habe und dass man Bescheid erteilen werde, sobald von dort eine Stellungnahme eingehe. Soweit so gut.

Dem Wunsch nach Veröffentlichung auf der Internetseite des Bundestages mochte der Ausschuss allerdings nicht nachkommen, weil dies voraussetze, „dass das Anliegen eine lebhafte, aber auch sachliche öffentliche Diskussion erwarten lässt und die Darstellung des Anliegens hinreichend konkret, für unbefangene Dritte klar und verständlich sowie von einer entsprechenden Begründung getragen ist“.

Liest man die der Petition in dem vorgesehenen Formular nachgestellte Begründung, so sollte man meinen, dass die genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Dort heißt es unter anderem:

Im Rahmen des Programms „Tempora“ fängt Großbritannien wahllos und dauerhaft jedwede über Großbritannien abgewickelte internationale Kommunikation ab und speichert sie auf Vorrat. Dies kompromittiert persönliche wie geschäftliche Telefongespräche, E-Mails und die Internetnutzung von Millionen unschuldiger Menschen. Ohne jeden Verdacht einer Straftat werden sensible Informationen über die sozialen Beziehungen (einschließlich Geschäftsbeziehungen) und die individuelle Lebenssituation (z.B. Kontakte mit Ärzten, Rechtsanwälten, Psychologen, Beratungsstellen) zahlloser Menschen gespeichert und ausgewertet.

Auch auf Grundsätze Europäischen Rechts verweist die Verfasserin der Eingabe und führt als Belege den ECHELON-Bericht des Europäischen Parlaments sowie die Europäische Menschenrechtskommission ins Feld.

Man mag nun zum Thema Vorratsdatenspeicherung stehen wie man will und zu den Vertretern der Fraktion gehören, welche die massenhafte Datenüberwachung als Konzession für ein Mehr an Sicherheit für angemessen hält oder aber – und dazu würde ich tendieren – hierin eine schwerwiegende Beeinträchtigung von Bürger- und Freiheitsrechten sehen.

Jedenfalls ist das Anliegen von Interesse für die Allgemeinheit und auch so wohlformuliert vorgetragen, dass die Verweigerung der Veröffentlichung doch ein wenig überrascht; zumal sie auch etwas mager begründet ist.

Zu mehr als der Aussage, dass der „Bitte, die Eingabe auf der Internetseite des Petitionsausschusses“ mit Blick auf die „vorgenannten Erwägungen“ nicht nachgekommen werden könne, mochte sich der Petitionsausschuss nicht herablassen.

Diese Stellungnahme zeigt, dass das Internet für einen Teil unserer Volksvertreter in der Tat das von Frau Merkel beschriebene „Neuland“ bleibt und dass eine öffentliche Diskussion unbequemer Themen im Netz irgendwie nicht zum Stil des Hohen Hauses zu passen scheint.

Letztlich ist dies jedoch nur ein Nebenkriegsschauplatz. Die öffentliche Diskussion wird ohnehin bereits geführt und durch diese Weigerung sicher eher noch befeuert. Und eine Vorabentscheidung inhaltlicher Art ist damit auch nicht verbunden, auch wenn die Schlagzeilen mancher Zeitungen dies missverständlicher Weise so anklingen lassen. Die Beurteilung der Rechtslage erfolgt, wie der Petitionsausschuss immerhin richtig mitteilt, auf Grundlage der vom zuständigen Ministerium einzuholenden Stellungnahme.

Alles in allem dürfte sich das Ganze weniger als „Blockade“ denn als untauglicher Versuch der Unterdrückung oder zumindest Eindämmung der öffentlichen Diskussion darstellen. Wichtig ist das Thema dennoch, so dass alle Interessierten am Ball bleiben sollten.

[Quelle: www.patrick-breyer.de; www.spiegel-online.de]