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Verfasser dieser News:

Montgomery Hardebeck

Fachanwalt für IT-Recht

6. September 2013

Späh-Affären: Datenschutzbeauftragte von Bund und Ländern fordern Regierung zum Handeln auf

Im Zuge der nicht abreißenden Nachrichten über das massenhafte Ausspähen von Daten haben die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern eine gemeinsame Entschließung veröffentlicht. Mit dem in deutliche Worte gefassten Aufruf „Keine umfassende und anlasslose Überwachung durch Nachrichtendienste! Zeit für Konsequenzen“ werden die Regierungen und Parlamente von Bund Ländern zum Handeln aufgefordert.

In der auf der Internetseite des Bundesdatenschutzbeauftragten unter www.bfdi.bund.de veröffentlichten gemeinsamen Erklärung vom 05.09.2013 prangern die Datenschutzbeauftragten als sog. „Nationale Datenschutzkonferenz“ die Untätigkeit der Exekutive und Legislative bei der Bekämpfung der zuletzt in den Medien im Gefolge der Snowden-Affäre aufgedeckten Abhör- und Ausspähtätigkeiten fremder Geheimdienste an.

Mit Blick auf die ruchbar gewordenen, an Totalüberwachung des Datenverkehrs grenzenden Maßnahmen vor allem US-amerikanischer und britischer Geheimdienste und die Tatsache, dass die Server vieler Telekommunikationsanbieter sich in den USA befinden, sei es zunächst einmal die Pflicht der zuständigen staatlichen Institutionen, tätig zu werden und sich nicht mit dem unerträglichen Status quo abzufinden. Darüber hinaus – und hier stößt die Entschließung an durchaus sensible Punkte – müsse geprüft werden, inwieweit deutsche Institutionen beim massenhaften Ausspähen von Daten sogar mitwirken.

Der Katalog der geforderten Maßnahmen reicht dabei von innerstaatlicher Verschärfung des Datenschutzrechts über eine Angleichung und Verbesserung europarechtlicher Vorschriften bis hin zu völkerrechtlichen Abkommen, wobei insbesondere zu letzten festgestellt wird, dass diese nur dann unterzeichnet werden dürften, wenn auch die Einhaltung deutscher und europäischer Grundrechte-Mindeststandards gewährleistet sei. Konkret wird hier auf Art. 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verwiesen.

Dabei ist die Entschließung durchaus von pragmatischem Realismus geprägt und trägt der offensichtlichen Gleichgültigkeit etwa der Amerikaner und Briten dadurch Rechnung, dass sogar Vorschläge praktischer Natur erteilt werden. So solle in Zukunft geprüft werden, „ob das Routing von Telekommunikationsverbindungen in Zukunft möglichst nur über Netze innerhalb der EU erfolgen kann„. Man ist sich also der wenn überhaupt nur beschränkten Einwirkungsmöglichkeiten auf unsere „Verbündeten“ offensichtlich bewusst und sucht nach Möglichkeiten, Deutschland und die EU ein Stück weit abzuschotten.

Alles in allem stellt der Aufruf den bis dato eher beschwichtigend bis grob verharmlosend auftretenden Ressortleiter des Bundes ein miserables Zeugnis aus. Tatsächlich wird hier die immer wieder von namhaften Regierungsmitgliedern verbreitete Behauptung, da gäbe es nichts mehr aufzuklären und es habe sich herausgestellt, dass alles mit rechten Dingen zugehe ebenso als Unwahrheit entlarvt wie die allzu vorauseilend resignierte Aussage, man könne ohnehin nichts gegen die amerikanischen Geheimdienste ausrichten. Wesentlich, so ein Hauptfazit aus dem Aufruf, sei, dass überhaupt erst einmal etwas zu tun sei. Daher fordere „die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder (…) alle Verantwortlichen auf, die umfassende Aufklärung mit Nachdruck voranzutreiben und die notwendigen Konsequenzen zügig zu treffen.

Wie wichtig diese nun veröffentlichte Entschließung ist, zeigen auch die neuesten Enthüllungen, wonach jährlich dreistellige Millionenbeträge der NSA in das „Knacken“ von Verschlüsselungen investiert werden sollen, teils sogar, um den jeweiligen Softwareentwicklern die Schlüssel gleich direkt abzukaufen. Sollten diese weiteren, seit einigen Tagen kursierenden Weiterungen der Affäre sich als zutreffend erweisen, wären die Beschwichtiger unter unseren Volks- und Regierungsvertretern auf recht drastische Weise des grenzenlosen Leichtsinns und der Verantwortungslosigkeit im Hinblick auf die Verteidigung unserer Grundfreiheiten überführt.

Dass zumindest die Datenschutzbeauftragten der jüngsten Entwicklung ebendiese höchstmögliche Priorität einräumen zeigt der Schlusssatz der Entschließung: „Es geht um nichts weniger als das Grundvertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

[Quelle: www.bfdi.bund.de; Nationale Datenschutzkonferenz, Entschließung vom 05.09.2013]