25. Juni 2014
Der Versuch, bei der Beantwortung einer Vertragsofferte Annahmewillen zu suggerieren, dem Anbietenden tatsächlich aber geänderte Bedingungen unterzuschieben, kann auch „nach hinten losgehen“!
Wer bei der Annahme eines ihm unterbreiteten Angebots zum Abschluss eines (Bau-) Vertrags seinen davon in Teilen abweichenden Vertragswillen nicht klar und unzweideutig zum Ausdruck bringt, sondern in den Vertragstext des Angebots Teile des ursprünglichen Textes gegen von ihm in wesentlicher Hinsicht geänderte Textpassagen mit gleichem Schriftbild so einfügt, dass diese nur äußerst schwer erkennbar sind und in seinem Annahmeschreiben (Begleitschreiben) den Eindruck erweckt, er habe das Angebot unverändert angenommen, nimmt das Angebot des Anbietenden in unveränderter Form an. Das gebieten die Grundsätze von Treu und Glauben, die auch bei der Anwendung von § 150 Abs. 2 BGB zu beachten sind.
Mit seinem Urteil vom 14.05.2014 hat der BGH einen Subunternehmer in die Schranken verwiesen, der wohl in der Absicht, seinen zukünftigen Vertragspartner zu übertölpeln, das ihm übersandte Vertragsangebot des Hauptauftragnehmers in Bezug auf die Regelungen hinsichtlich der Höhe von Abschlagszahlungen und eines Sicherungseinbehalts zu Ungunsten des Hauptauftragnehmers geändert hatte und anstelle der heraus gelöschten Textpassage in den Angebotstext folgende Klausel aufgenommen hatte: „Der Auftraggeber verpflichtet sich, die gesamte Summe an den Auftragnehmer auszuzahlen. Verrechnungen mit alten Bauvorhaben dürfen nicht vorgenommen werden.“
Die neue Textpassage hatte der Subunternehmer mit identischer Schrifttype in den Angebotstext eingefügt. Nach seiner Behauptung hatte der beklagte Auftraggeber (Hauptauftragnehmer) die Veränderung des Angebotstextes durch den Subunternehmer nicht bemerkt. Der Subunternehmer war für den Hauptauftragnehmer zuvor bereits einmal als Subunternehmer bei einem anderen Bauvorhaben tätig gewesen. Die beklagte Hauptauftragnehmerin war hinsichtlich dieses Bauvorhabens von ihrer Auftraggeberin wegen angeblicher Mängel der vom Subunternehmer ausgeführten Bauleistungen in Anspruch genommen worden.
Mit seiner Klage nahm der Subunternehmer den Hauptauftragnehmer auf Zahlung der nach Grund und Höhe unstreitigen Vergütung in Anspruch und vertrat die Auffassung, dem Hauptauftragnehmer sei es verwehrt, mit einem Kostenvorschussanspruch aus den früheren Bauvorhaben gegen seine Werklohnforderung aufzurechnen.
Das sah der BGH anders. Er hob das dem Subunternehmer günstige Berufungsurteil auf und vertrat die Auffassung, eine Vertragspartei könne sich unter Umständen wie im Urteilsfall nicht darauf berufen, ihr Vertragspartner habe stillschweigend ihr abgeändertes Vertragsangebot angenommen. Vielmehr geböten es Treu und Glauben, von einer Bindung an das Angebot des Anbietenden in unveränderter Form anzunehmen.
Praxistipp:
Die – zutreffende – Entscheidung des BGH ist eine Einzelfallentscheidung. Es ist in jedem Streitfall zu prüfen, ob von einem neuen Vertragsangebot durch Annahme unter geänderten Bedingungen auszugehen ist (das wird der Regelfall sein) oder – wie im Urteilsfall – unter Berücksichtigung besonderer Umstände von unveränderter Angebotsannahme.
Jedem, der sich auf Vertragsverhandlungen einlässt, kann nur dringend empfohlen werden, die vom zukünftigen Vertragspartner zurückgesandten und vorgeblich unverändert angenommenen Vertragsbestimmungen sorgfältig zu prüfen. Es darf nicht übersehen werden, dass der überrumpelte Vertragspartner für seine Behauptung, er habe die Abänderung der Vertragsbedingungen durch den anderen Vertragspartner nicht bemerkt, die Darlegungs- und Beweislast trägt. Kann er den Beweis für seine Behauptung, die Abänderung des Vertragstextes durch den anderen Vertragspartner nicht bemerkt zu haben, nicht führen, ist er an ihm untergeschobene nachteilige Vertragsbedingungen gebunden.
[BGH, Urt. v. 14.052014 – Az. VII ZR 334/12]