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Verfasser dieser News:

Lothar Lachner

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

5. Juli 2017

Überbau auf das Nachbargrundstück zwecks Anbringung einer Wärmedämmung nach der Energieeinsparverordnung muss bei einem Neubau nicht geduldet werden!

Nach verschiedenen Nachbarrechtsgesetzen der Länder muss ein Grundstückseigentümer  unter bestimmten Voraussetzungen einen Überbau auf sein Grundstücks dulden, wenn sein Nachbar das nicht wärmegedämmte Bestandsgebäude wärmedämmtechnisch nachrüsten will.

Auf die diesbezügliche Vorschrift in § 16a Nachbarrechtsgesetz Berlin hatten sich die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft in Berlin gestützt und den benachbarten Grundstückseigentümer auf Duldung klageweise in Anspruch genommen, nachdem der Bauträger des WEG-Objekts bei Errichtung des Gebäudes im Jahre 2004/2005 trotz Geltung der Energieeinsparverordnung das ungedämmte Mehrfamilienhaus unmittelbar an die Grenze zum beklagten Grundstückseigentümer gebaut hatte. Der Nachbar sollte nun das im August 2005 angebrachte Dämmmaterial nebst Putz und Anstrich dulden, die 7 cm beziehungsweise 0,5 cm zusätzlich in das Grundstück des Nachbarn hineinragten.

Der BGH hat eine Duldungspflicht verneint. Eine Pflicht zur Duldung für eine die Grundstücksgrenze überschreitende Wärmedämmung einer Grenzwand könne nur bei einem nicht gedämmten Bestandsobjekt angenommen werden. Bei einem Neubau könne und müsse durch entsprechende Planung eine Überschreitung der Nachbargrenze (Überbau) verhindert werden.

Stellungnahme: Die Entscheidung ist richtig. Man mag eine Grenzverletzung (einen Überbau) durch den im Gemeinwohl stehenden Wunsch nach energetischer Nachrüstung eines Bestandsgebäudes noch als gerechtfertigt ansehen.

Bei Planung eines Neubauvorhabens, bei dem durch ordnungsgemäße Planung unter Berücksichtigung der Bestimmungen der Energieeinsparverordnung Grenzverletzungen beziehungsweise die Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks ohne Weiteres vermieden werden können, besteht für die Annahme einer Duldungspflicht kein rechtlich geschütztes Interesse. Wenn dies durch die besondere Belegenheit des Grundstücks im Einzelfall einmal zu Härten führen mag, ist das hinzunehmen. In einem soll Fall kann der bauwillige Grundstückseigentümer nur versuchen, eine Einigung mit dem Grundstücksnachbarn herbeizuführen.

[BGH, Urt. v. 02.06.2017 – Az. V ZR 106/16 (zitiert nach der Pressemitteilung des BGH vom 02.06.2017)]