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Verfasser dieser News:

Montgomery Hardebeck

14. September 2013

Nach Urteil des LG Düsseldorf behauptet die Gewerbeauskunft-Zentrale: „Alle bisherigen Urteile sind nichtig“ – Wir sagen: Das ist Unsinn!

Das Urteil des LG Düsseldorf zum Dauerbrenner GWE-Branchenbucheintrag hat uns ebenso wie zahlreiche schwerpunktmäßig mit derartigen Fällen befasste Kollegen durchaus überrascht.

Die 23. Zivilkammer hat mit Urteil vom 31.07.2013 festgestellt, dass „zwischen den Parteien aufgrund des seitens der Beklagten am 11.07.2011 unterzeichneten Angebots der Klägerin ein wirksames Vertragsverhältnis besteht„. So weit, so ungünstig. Allerdings lässt sich bei genauem Lesen des online verfügbaren Volltextes der Entscheidung rasch erkennen, dass die nunmehr von der GWE massenhaft versendeten Mahnungen sowie die darin enthaltenen rechtlichen Ausführungen unhaltbar sind.

Schon der Einleitungsabsatz des nicht einmal mit einer persönlichen Anrede versehenen und offenkundig zum massenhaften Versand erstellten Mahnschreibens enthält eine Behauptung die derartig hanebüchen ist, dass sie – zumindest von durch uns vertretenen Mandanten – schon als böswilliger Täuschungsversuch angesehen wird. Dort heißt es tatsächlich: „Damit sind alle bisher ergangenen Urteile als nichtig anzusehen.

Zunächst einmal stellt das Urteil der 23. Zivilkammer lediglich eine Einzelfallentscheidung dar und hat für alle bereits rechtskräftig gewordenen Urteile keinerlei Bedeutung. Insbesondere das in seiner Deutlichkeit erfreuliche Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14.02.2012 (Az. I-20 U 100/11) steht nach wie vor als obergerichtliche Entscheidung gegen diese abstruse Behauptung.

Auch ist es völliger Unfug, wenn die GWE nun behauptet, dass jetzt „als Fazit (…) eindeutig fest[steht], dass der mit uns geschlossene Vertrag rechtswirksam ist und Sie verpflichtet sind, die Ihnen vorliegende Rechnung in voller Höhe zu begleichen„. Eine solche Wirkung hat das Urteil vom 31.07.2013 natürlich nicht, da die „Verträge“ und Rechnungen der nunmehr massenhaft gemahnten „Kunden“ nicht Gegenstand dieses Verfahrens waren.

Soweit also nun deutschlandweit „säumige Zahler“ mit diesem Mahnschreiben doch noch dazu bewegt werden sollen, Zahlungen an die GWE zu leisten, kann man weiterhin nur dringend vor Panikreaktionen warnen. Zwar stimmt es, dass in dem am 31.07.2013 entschiedenen Fall die GWE einen Teilerfolg verbuchen konnte. Dieser ist allerdings kaum als Katastrophe für alle vom Geschäftsmodell der GWE Betroffenen einzustufen.

Zum einen stellt das Urteil ausschließlich das Bestehen eines Vertragsverhältnisses fest. Einen Zahlungsanspruch sieht die Kammer hingegen aktuell nicht, weil „nicht erkennbar [sei], dass die Klägerin ihrerseits mit der Erfüllung ihrer vertraglichen Verbindlichkeiten, insbesondere der Aufnahme der Beklagten in das von ihr geführte Branchenbuch-Verzeichnis, begonnen“ habe. Eine Fälligkeit der Zahlungsforderung wird daher ausdrücklich verneint.

Hinzu kommt, dass das Gericht sich zwar eingehend damit beschäftigt hat, wo und wie oft die Begriffe „Angebot“ und „Annahme“ in dem streitgegenständlichen Formular der GWE vorkommen. Hieraus hat die Kammer letztlich abgeleitet, dass es der Beklagten hätte klar sein müssen, dass sie ein Angebot zum Abschluss eines kostenpflichtigen Vertrages annimmt.

Diesen Ansatz halten wir indes für nicht vertretbar. Zum einen kann man ohne weiteres auch kostenfreie Verträge abschließen, so dass die Verwendung des Begriffs Angebot nicht zwingend auf eine Kostenpflichtigkeit schließen lässt. Zum anderen ignoriert dieser Argumentationsansatz die immerhin vom BGH in seinem Branchenbuch-Urteil vom 26.07.2012 (Az. VII ZR 262/11) vorgenommene Abwägung vollständig.

Der BGH hatte herausgearbeitet, dass der inhaltliche Zusammenhang, in welchem derartige Begriffe platziert werden und insbesondere auch die Tatsache, dass der durchschnittliche Empfänger zu Recht von einem Gratiseintrag seiner Basisdaten ausgehen könne, von Bedeutung sind und dass diese Erwägungen zu dem Schluss führen, dass die entsprechende Entgeltklausel für den „Kunden“ überraschend und daher unwirksam ist. Etwas einfacher ausgedrückt: Der BGH hat schlicht festgestellt, dass derjenige, der ein derart gestaltetes Formular unterzeichne, berechtigterweise nicht einen kostenpflichtigen Eintrag erwarte, sondern wie landläufig üblich einen kostenfreien Eintrag in einem Branchenbuch.

Natürlich hat der BGH nur einen Einzelfall entschieden, welcher 1 zu 1 nur auf identische Fälle mit identischen Formularen anzuwenden sein wird. Dass das LG Düsseldorf allerdings zur Gänze darauf verzichtet, sich mit der Entscheidung auseinanderzusetzen, stellt aus unserer Sicht eine erhebliche Schwäche der Entscheidung dar.

Im Übrigen ergeben sich weitere, als kritisch einzustufende Aspekte der von der GWE aus verständlichen Gründen begeistert aufgenommenen Entscheidung. Das LG bescheinigt der GWE, sich quasi an der Entscheidung des OLG Düsseldorf aus dem Jahr 2012 entlang gehangelt und deren Vorgaben teilweise umgesetzt zu haben. Mit anderen Worten, die GWE hat in diesem Fall erfolgreich einige Veränderungen an ihrem Formular vorgenommen und jetzt einen ersten Anhaltspunkt dafür erhalten, wie weit sie die Grenzen des aus Sicht dieser Kammer zulässigen denen darf, ohne dass das Zustandekommen eines Vertrages verneint wird.

Die Feststellung etwa, dass sich auf dem verwendeten Formular nicht mehr der Hinweis finde, „dass die Rückantwort ‚gebührenfrei‘ sei„, wertet das Gericht neben anderen Punkten zugunsten der GWE und der damit für den „Kunden“ erkennbaren Kostenpflichtigkeit des Angebotes. Dieser Punkt kann aus unserer Beratungspraxis allerdings nicht nachvollzogen werden, da hier – auch aus der Zeit nach der Entscheidung des OLG Düsseldorf – nur Formulare mit dem Hinweis „Rückantwort gebührenfrei“ bekannt sind.

Zuletzt ist noch anzumerken, dass es auch auf landgerichtlicher Ebene durchaus unterschiedliche Bewertungen für derartige Geschäftsmodelle gibt. Die GWE mag weiterhin in ihren Mahnschreiben gebetsmühlenartig hervorheben, die Entscheidung des LG Düsseldorf sei ein „letztinstanzliches Urteil„. Es mag sein, dass dies auf den einen nun entschiedenen Fall zutrifft.

Andere Gerichte urteilen jedoch anders, wie etwa das LG Hamburg, welches in einem durchaus vergleichbaren Fall feststellte, dass man von „einer beklagtenseits sogar beabsichtigten Täuschung der von ihr angeschriebenen Unternehmen“ ausgehe (Urt. v. 14.01.2011 – Az. 309 S 66/10).

Und auch das LG Düsseldorf wird jeden zukünftigen Rechtsstreit an seinen jeweiligen Einzelfallumständen prüfen, so dass zum jetzigen Zeitpunkt nichts erwarten lässt, dass das Geschäftsmodell der GWE ab sofort den Segen der Rechtsprechung hat.

Wir empfehlen weiterhin allen, die sich getäuscht und übervorteilt fühlen, kompetenten anwaltlichen Rat einzuholen und sich dort, wo berechtigte Einwendungen erhoben werden können, gegen die Zahlungsforderungen der GWE zu wehren.

[LG Düsseldorf, Urt. v. 31.07.2013 – Az. 23 S 316/12 U]