Lachner von Laufenberg & Partner mbBLachner von Laufenberg & Partner mbB
Mitglied im AnwaltVerein

Verfasser dieser News:

Montgomery Hardebeck

12. November 2013

BGH zum Vorrang des Insolvenzmassebeschlags vor Grundpfandgläubigerrechten nach Rücknahme eines Antrags auf Zwangsverwaltung

Der Bundesgerichtshof hat sich in einer Entscheidung vom 10.10.2013 mit den Auswirkungen der Aufhebung einer Zwangsverwaltung, welche parallel zu einem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Grundstückseigentümers erfolgt, auseinandergesetzt.

Dies ist von besonderer Bedeutung, weil sich für die die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubiger die Frage stellt, ob sie nach Aufhebung der Zwangsverwaltung infolge Antragsrücknahme einen bevorrechtigten Zugriff auf den Übererlös aus der Verwaltung des Grundstücks haben.
Mit der Entscheidung des neunten Senates ist diese Frage nun abschlägig entschieden.

Vorliegend hatte eine grundschuldbesicherte Gläubigerin der Insolvenzschuldnerin bzgl. deren Grundstücks die Zwangsverwaltung betrieben. Aus Verwaltung ergaben sich nicht unerhebliche Einnahmen und nach Tilgung der öffentlichen Lasten auf dem Grundstück nach wie vor deutliche Übererlöse. An letzteren hielt die Vollstreckungsgläubigerin für die Dauer der Zwangsverwaltung unstreitig ein sie vor den übrigen Insolvenzgläubigern bevorrechtigendes sog.Erlöspfandrecht.
Allerdings nahm die Vollstreckungsgläubigerin in der Folge den Antrag auf Zwangsverwaltung uneingeschränkt zurück, was zu einer ebenso uneingeschränkten Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens führte. Parallel pfändete sie, um sich den Übererlös aus der zuvor betriebenen Zwangsverwaltung zu sichern, den Auszahlungsanspruch der Insolvenzmasse gegen den ehemaligen Zwangsverwalter.

Gegen diese Pfändung wendete sich die Insolvenzverwalterin und machte geltend, dass nach Aufhebung der Zwangsverwaltung jeglicher verbleibender Übererlös unter den Insolvenzbeschlag falle und die Pfändung daher unzulässig sei.

Dem ist der BGH letztlich gefolgt und tenorierte wie folgt:

1. Wird ein Zwangsverwaltungsverfahren uneingeschränkt aufgehoben, erlöschen die Rechte von Grundpfandgläubigern an dem Erlösüberschuss, der sich noch in der Hand des vormaligen Zwangsverwalters befindet.

2. Wird im Verlauf eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners ein Zwangsverwaltungsverfahren uneingeschränkt aufgehoben, so ist die Pfändung des Anspruchs der Insolvenzmasse gegen den vormaligen Zwangsverwalter auf Auskehrung des Erlösüberschusses auch für Grundpfandgläubiger unzulässig.

Der BGH begründete seine Entscheidung insbesondere damit, dass es der Vollstreckungsgläubigerin freigestanden hätte, die Rücknahme des Antrags auf Zwangsverwaltung „nur mit Wirkung für die Zukunft und unter Vorbehalt aller Rechte an der restlichen Zwangsverwaltungsmasse“ zu erklären. Da dies versäumt worden sei, durfte „der vormalige Zwangsverwalter und Pfändungsdrittschuldner (…) daher die vorhandene Zwangsverwaltungsmasse (…) abwickeln„. Weiter heißt es: „Der Senat sieht keinen Anlass, von dem Grundsatz abzurücken, dass nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners die Pfändung mithaftender Mieten oder Pachten durch absonderungsberechtigte Grundpfandgläubiger nicht mehr zulässig ist. Das gilt auch dann, wenn diese Erträge zuvor von einem Zwangsverwalter eingezogen worden sind [und] infolge Aufhebung der Zwangsverwaltung nunmehr uneingeschränkt der Insolvenzmasse zustehen.

Dabei erteilte der BGH der gegenteiligen, in überwiegenden Teilen des Schrifttums und teils auch der Rechtsprechung der Instanzengerichte vertretenen Auffassung eine klare Absage: „Mit dem Gesetz unvereinbar ist auch die im Schrifttum heute vorherrschende Ansicht, trotz Aufhebung der Zwangsverwaltung seien Grundstücksnutzungen weiter mit den dinglichen Rechten der Grundpfandgläubiger behaftet, solange sie sich noch in der Hand des Zwangsverwalters befinden. Die Grundpfandgläubiger seien daher auch in der Insolvenz des vormaligen Verfahrensschuldners für den Herausgabeanspruch gegen den vormaligen Zwangsverwalter absonderungsberechtigt. (…) Das verkennt die entscheidende Wirkung der Beschlagnahme.

Einer Pfändbarkeit des Auszahlungsanspruches der Insolvenzmasse gegen den ehemaligen Zwangsverwalter steht damit § 89 Abs. 1 InsO entgegen.

Hätte die Vollstreckungsgläubigerin dieses Ergebnis vermeiden wollen hätte sie, so der Senat ausdrücklich, „die Zwangsverwaltung nur mit Wirkung für die Zukunft und unter Vorbehalt ihres durch die Beschlagnahme bereits entstandenen Erlöspfandrechts aufheben lassen dürfen“.

[BGH, Beschl. v. 10.10.2013 – Az. IX ZB 197/11]