Lachner von Laufenberg & Partner mbBLachner von Laufenberg & Partner mbB
Mitglied im AnwaltVerein

Verfasser dieser News:

Lothar Lachner

Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

31. Juli 2015

BGH: Gesellschafter einer durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelösten GmbH können nicht die Fortsetzung der Gesellschaft beschließen

Über das Vermögen der in der entschiedenen Handelsregistersache beteiligten GmbH wurde im April 2011 das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet. Am 10. Mai 2011 wurde von Amts wegen die Auflösung der Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen. Durch rechtkräftigen Beschluss des Amtsgerichts vom 04.06.2013 wurde das Insolvenzverfahren gemäß § 200 InsO nach vollzogener Schlussverteilung aufgehoben. Dies wurde am 08.07.2013 in das Handelsregister eingetragen.

Der im Registerverfahren beteiligte alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft hielt am 18.07.2013 eine Gesellschafterversammlung ab und beschloss darin die Fortsetzung der GmbH. Mit notariell beglaubigter Erklärung vom selben Tage meldete er unter Vorlage der Niederschrift über den Gesellschafterbeschluss die Fortsetzung der Gesellschaft zum Handelsregister an.

Der Antrag wurde vom Registergericht zurückgewiesen. Die gerichteten Beschwerden der GmbH und ihres Gesellschafter-Geschäftsführers wurden gleichfalls zurückgewiesen. Dagegen richten sich die vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerden der beiden Beteiligten.

Der BGH weist die nach Zulassung zulässigen Rechtsbeschwerden zurück.

Der Grundsatz, wonach eine aufgelöste, also ins Liquidationsstadium überführte GmbH, die noch nicht abgewickelt und mithin noch nicht vollbeendigt ist, durch einen entsprechenden Fortsetzungsbeschluss der Gesellschafter fortgesetzt, also in das Stadium einer werbenden Gesellschaft zurückversetzt werden kann, erfährt nach Ansicht des BGH durch § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbH-Gesetz für das Insolvenzverfahren eine Einschränkung.

Nach § 60 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 GmbH-Gesetz wird die Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst. Nach dem zweiten Halbsatz der Vorschrift können die Gesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft beschließen, wenn das Verfahren auf Antrag des Schuldners eingestellt oder nach Bestätigung eines Insolvenzplans, der den Fortbestand der Gesellschaft vorsieht, aufgehoben wird.

Gegen eine in der Kommentarliteratur vertretene Auffassung ist nach Ansicht des BGH davon auszugehen, dass es sich bei § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbH-Gesetz im eröffneten Insolvenzverfahren der Gesellschaft um eine abschließende Regelung handelt. Ein Fortsetzungsbeschluss komme daher nur in den ausdrücklich geregelten Fällen – die hier nicht vorlagen – in Betracht. Dies habe selbst dann zu gelten, wenn die Gesellschaft über ein das satzungsmäßige Stammkapital übersteigendes Vermögen verfügen könne und alle Gläubiger im Insolvenzverfahren befriedigt worden seien.

Der BGH begründet dies zum einen mit seiner Rechtsprechung zur alten Rechtslage nach der Konkursordnung. Für die Richtigkeit seiner Auffassung führt er des Weiteren an, dass in den gesetzlich geregelten Fällen – Fortsetzung nach Wegfall der Insolvenzgründe oder Einstellung des Insolvenzverfahrens mit Zustimmung der Gläubiger nach §§ 212, 213 InsO – beseitige das Unternehmen (unter Mitwirkung seiner Gläubiger) die zur Insolvenz führende unternehmerische Krise und bleibe – für die beteiligten Verkehrskreise erkennbar – als wirtschaftliche Einheit aus Sach- und Personalmitteln am Markt erhalten. Eine Beendigung des Insolvenzverfahrens nach Schlussverteilung gemäß § 200 InsO bestehe dem gegenüber regelmäßig kein fortsetzungsfähiges Unternehmen mehr. Die Auflösungsfolge des § 60 Abs. 4 Nr. 1 GmbH-Gesetz diene dem Gläubigerschutz, und es sei im Regelfall nicht anzunehmen, dass die Gesellschaft in den nicht in § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbH-Gesetz genannten Fällen nach Abschluss des Insolvenzverfahrens noch über maßgebliches Gesellschaftsvermögen verfüge, welches eine Fortsetzung der Gesellschaft ohne Gefährdung der Gläubiger rechtfertigen könne.

Für die von der Rechtsbeschwerde befürwortete Fortsetzungsmöglichkeit bei Vorhandensein entsprechenden Vermögens bestehe schon kein Bedürfnis. Denn gerade nach Beseitigung der Insolvenzreife und nach der Befriedigung aller Gläubiger könne der Weg des § 212 InsO beschritten und eine Einstellung des Insolvenzverfahrens wegen Wegfalls des Insolvenzgrunds herbeigeführt werden. In diesem Fall könne die Fortsetzung der Gesellschaft beschlossen werden.
Ließen die Beteiligten diese gesetzlich eingeräumte Möglichkeit indes ungenutzt, sei kein Grund dafür ersichtlich, eine im Gesetz vorgesehene Möglichkeit zur Fortsetzung der Gesellschaft durch einen schlichten Fortsetzungsbeschluss zu eröffnen.

Anmerkung: Die Entscheidung kann sich auf den Wortlaut des Gesetzes, ferner auf den Umstand berufen, dass im Zuge der Insolvenzrechtsreform im Jahre 1994 der Wortlaut der Vorschrift nicht erweitert worden ist. Auch materiell ist die Entscheidung gerechtfertigt, dient sie doch dem Gläubigerschutz und verzichtet auf Anwendungsfälle, für die kein wirkliches Bedürfnis besteht.

[BGH, Beschl. v. 28.04.2015 – Az. II ZB 13/14]