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Verfasser dieser News:

Lothar Lachner

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

6. April 2013

BGH zur Einordnung eines Vertrags über Lieferung und Einbau einer Küche

Der Bundesgerichtshof hat sich in einem Urteil vom 07.03.2013 mit der rechtlichen Einordnung eines Vertrages über Lieferung und Einbau einer Küche befasst und folgende Feststellungen getroffen:

1.

Fordert der Lieferant eine Eigentumsküche, die von ihm bei dem Kunden einzubauen ist, in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Bezahlung des „Kaufpreises“ spätestens bei Anlieferung der Kaufgegenstände ohne Abzug, ist diese Bestimmung unwirksam, ohne Rücksicht darauf, ob es sich bei dem Vertrag um einen Werkvertrag oder aber um einen Kaufvertrag (Werklieferungsvertrag) mit Montageverpflichtung handelt.
2.
Räumt der Lieferant der Küche unter grundsätzlicher Aufrechterhaltung seiner Forderung nach Bezahlung spätestens bei Anlieferung seinem Vertragspartner nachträglich einen Teileinbehalt der Vertragssumme in unangemessenem Umfange ein, macht diese Verhandlung der Parteien die AGB-Klausel nicht nachträglich zu einer Individualvereinbarung.
In seinem Urteil entscheidet der Bundesgerichtshof die Frage, ob ein Vertrag über die Lieferung und den vom Lieferanten zu besorgenden Einbau einer Küche in ein Haus des Kunden als Werkvertrag oder als Kaufvertrag mit Montageverpflichtung anzusehen ist, nicht. Er führt lediglich aus, wenn das Ziel des Vertrages darauf gerichtet ist, auf der Grundlage der handwerklichen Fachkenntnisse des Lieferanten durch Einbau und Einpassung in das Haus des Kunden einen funktionalen Küchenraum zu schaffen und die dazu notwendige Montage – und Bauleistungen zu erbringen, spreche vieles für die Annahme eines Werkvertrags.
Die in der AGB des Küchenlieferanten enthaltene Klausel „Der Kaufpreis ist spätestens bei Anlieferung der Kaufgegenstände ohne Abzug zu bezahlen.“ ist nach Ansicht des BGH im einen wie im anderen Fall unwirksam. Im Falle des Vorliegens eines Werkvertrages würde die Klausel im Falle ihrer Wirksamkeit entgegen § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Zahlungspflicht des Kunden vor Abnahme, also zu einer dem Gesetz widersprechenden Vorleistungspflicht führen. § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB hat im Werkvertragsrecht Leitbildcharakter (Vorleistungspflicht des Unternehmers). Die Klausel verstößt damit gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Ist das Vertragsverhältnis nach Kaufrecht zu beurteilen, würde die Klause im Hinblick auf die Montageverpflichtung des Lieferanten, die der BGH als eine der Hauptleistungspflichten des Lieferanten ansieht, entgegen § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB zu einer Vorleistungspflicht des Kunden führen. Auch das Zurückbehaltungsrecht des § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB hat nach Auffassung des BGH Leitbildcharakter. Eine Aushebelung oder eine nicht unerhebliche Einschränkung des Zurückbehaltungsrechts gemäß § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ist deshalb gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

In dem entschiedenen Streitfall hatte der Kunde nach Vertragsabschluss mit dem Lieferanten über einen Zahlungseinbehalt bis zur Durchführung der Montage der Küche verhandelt. Im Zuge der insoweit geführten Korrespondenz, in der der Lieferant an der in der AGB vorgesehenen Zahlungsklausel grundsätzlich festhielt, schlug der Kunde bis zum Abschluss der Montage einen Kaufpreiseinbehalt in Höhe von 2.500,00 € vor. Der Lieferant stimmte schlussendlich einem Einbehalt in Höhe von 2.000,00 € (bei einem Gesamtkaufpreis der Küche einschließlich Montage von rund 25.000,00 €) zu. Im Hinblick auf die genannten Vertragsverhandlungen der Parteien vertrat der Lieferant im Rechtsstreit mit seinem Kunden die Auffassung, die ursprünglich als Allgemeine Geschäftsbedingung ausgestaltete Zahlungsvereinbarung sei durch die nachträgliche Einigung der Parteien auf einen Einbehalt von 2.000,00 € zu einer individualvertraglichen Vereinbarung geworden, die nicht nach AGB-rechtlichen Grundsätzen zu kontrollieren sei.

Dem ist der BGH entgegengetreten. Voraussetzung für eine Individualvereinbarung sei die Bereitschaft des Verwenders der AGB, den gesetzesfremden Inhalt seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Rahmen der Vertragsverhandlungen zur Disposition zu stellen. Dies sei nicht der Fall gewesen. Der Lieferant habe im Grundsatz auf der Vorleistungspflicht des Kunden bestanden. Eine Abschwächung der nachteiligen Wirkung seiner AGB mit gesetzesfremden Inhalt stelle keine Verhandlungsbereitschaft als Voraussetzung für die Annahme einer Individualvereinbarung dar.
Der Verstoß gegen § 307 BGB führt im Zweifel zur Unwirksamkeit der AGB-Klausel. Anderes gilt nach Auffassung des BGH nur, wenn die Leitbildabweichung sachlich gerechtfertigt ist und der gesetzliche Schutzzweck auf andere Weise sichergestellt wird. Durch die beanstandete AGB-Klausel wird der Klausel indes ohne Kompensation des Schutzes der §§ 641 Abs. 1 Satz 1, 320 Abs. 1 Satz 1 BGB beraubt.

Der BGH stellt klar, dass sich auch durch die nachträgliche Vereinbarung eines Einbehalts des Kunden in Höhe von rund 10 % des Gesamtkaufpreises an der AGB-rechtlichen Beurteilung der beanstandeten Zahlungsklausel nichts ändere. Denn durch einen Einbehalt von nur rund 10 % des Gesamtpreises werde das durch §§ 641 Abs. 1 Satz 1, 320 Abs. 1 Satz 1 BGB geschützte Interesse des Kunden nicht in vergleichbarer Weise berücksichtigt.

[BGH, Urt. v. 07.03.2013 – Az. VII ZR 162/12]