3. Februar 2017
Nachlese zu einem Urteil des OLG Stuttgart: Lässt sich die Anwendung der HOAI legal ausschließen?
1.
Die HOAI regelt die Vergütung – die Berechnung der Entgelte – für Architektenleistungen. Bekanntlich stellt sie in den definierten Bereichen und Grenzen zwingendes Preisrecht dar. Wegen der Forderung nach Bezahlung der Mindesthonorarsätze, nachdem zuvor – nicht selten auf Wunsch des Auftraggebers – eine die Mindestsätze unterschreitende Pauschalhonorar-vereinbarung getroffen worden war, an die der Architekt sich nicht mehr gebunden fühlt – das ist meist der Fall, wenn dem Architekten Baumängel angelastet werden -, werden jedes Jahr unzählige Prozesse geführt.
2.
Nach Auffassung des OLG Stuttgart gibt es gesellschaftsrechtliche Vertragsgestaltungen, die die Anwendung der HOAI für ansonsten dem Preisrecht unterliegende Architektenleistungen verlässlich ausschließen.
Die Parteien müssen sich lediglich im Rahmen eines Gesellschaftsverhältnisses darüber verständigen, dass der Architekten-Gesellschafter seine Einlageleistung in Form von Architektenleistungen zu erbringen hat. Eine gesellschaftsrechtliche Verpflichtung zur Einlagenleistung steht der Annahme eines dem Preisrecht der HOAI unterfallenden Austauschvertrages entgegen.
Wenn sich diese Auffassung des OLG Stuttgart im o. g. Urteil durchsetzen sollte, eröffnet sich wohlmöglich eine große Anzahl von Sachverhalten, die einer entsprechenden gesellschafts-vertraglichen Gestaltung zugänglich sind, also ein ganz legales und somit rechtssicheres Abweichen vom zwingenden Preisrecht der HOAI ermöglichen .
Das OLG Stuttgart hat allerdings die Revision gegen sein Urteil zugelassen. Es glaubt, seine Entscheidung weiche vom Urteil des BGH vom 18.05.2000 – VII ZR 125/99 – ab. Der Leitsatz dieser Entscheidung lautet:
„Die Mindest- und Höchstsätze der HOAI sind für die Höhe der Vergütung maßgeblich, wenn die vertraglich vereinbarte Leistung in den Leistungsbildern der HOAI beschrieben ist. Die Zuordnung des Vertrages zu den Vertragstypen des besonderen Teils des Schuldrechtes ist für die Frage der Anwendbarkeit der Mindest- und Höchstsätze für die Höhe der Vergütung unerheblich.“
Auch in den Gründen der BGH – Entscheidung wird kategorisch ausgeführt, dass die HOAI unabhängig vom Vertragstyp anwendbar ist, wenn in den Leistungsbildern der HOAI beschriebene Leistungen gegen Entgelt erbracht werden. Allerdings lag der Entscheidung des BGH kein Sachverhalt mit gesellschaftsrechtlichem Bezug zugrunde. Das Urteil des BGH bleibt abzuwarten.
[OLG Stuttgart, Urt. v. 01.03.2016 – Az. 10 U 105/15 (zitiert nach Beck RS 2016, 07929)