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Verfasser dieser News:

Lothar Lachner

Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

13. November 2013

BGH zu den Voraussetzungen der Beschränkung der Haftung der Gesellschafter einer GbR für vertragswidriges Verhalten auf die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten

1.
Im Verhältnis zur Gesellschaft und zu Mitgesellschaftern haftet der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bei vertragswidrigem Verhalten grundsätzlich nicht für die Einhaltung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Absatz 2 BGB), sondern gemäß § 708 BGB nur beschränkt für einen Verstoß gegen diejenige Sorgfalt, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.

2.
Der von der Gesellschaft oder einem Mitgesellschafter in Anspruch genommene Gesellschafter ist, wenn er sich auf die Beschränkung seiner Haftung für die Einhaltung der Sorgfalt in eigenen Angelegenheit berufen will, für die tatsächlichen Voraussetzungen der beschränkten Haftung nach § 708 BGB darlegungs- und beweispflichtig. An diesen Beweis, in eigenen Angelegenheiten eine geringere als die im Verkehr erforderliche Sorgfalt anzuwenden, sind strenge Anforderungen zu stellen.

3.
§ 708 BGB stellt auf das generelle Verhalten des Gesellschafters in dem entsprechenden Pflichtenkreis ab. Die Haftungsbeschränkung kann im Einzelfall nur zum Zuge kommen, wenn das schädigende Verhalten des Gesellschafters im konkreten Fall dem Sorgfaltsmaßstab entspricht, den der schädigende Gesellschafter in seinem Pflichtenkreis generell an den Tag legt. Für das Eingreifen der Haftungsbeschränkung gemäß § 708 BGB im Einzelfall reicht folglich nicht der Nachweis aus, dass sich der in Anspruch genommene Gesellschafter durch die schadensbegründende Handlung zugleich selbst geschädigt hat.

Zum Fall:

Der Beklagte und ein weiterer Diplom-Ingenieur, welcher bei der Klägerin berufshaftpflichtversichert ist, schlossen sich aufgrund mündlicher Vereinbarung zu einer ARGE (Gesellschaft des bürgerlichen Rechts) zu dem Zweck zusammen, gemeinsam im Auftrag eines einen Generalplaners arbeitsteilig Statikerleistungen für ein größeres Bauvorhaben zu erbringen. Die Kosten und der Gewinn aus ihrer Tätigkeit sollten hälftig geteilt werden.

Im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens auf Antrag des Generalplaners beziehungsweise seines Auftraggebers wurden Fehler in den statischen Berechnungen, die unstreitig der Versicherungsnehmer der Klägerin allein erbracht hatte, festgestellt, die zu Rissen in den Betondecken und zu einem hohen Schaden geführt hatten. Die Klägerin als Haftpflichtversicherer des Schädigers nahm den Beklagten aus gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG  übergegangenem Recht in Höhe der Hälfte ihrer Aufwendungen auf Gesamtschuldner-innenausgleich gemäß § 426 Absatz 1 Satz 1 BGB in Anspruch. Gegen die alleinige Haftung ihres VN als für den Schaden im Innenverhältnis allein verantwortlichen Gesamtschuldners und folglich zur Ermöglichung eines Ausgleichsanspruchs in Höhe der Hälfte des Schadens führte sie aus, ihr VN habe bei der Vornahme der statischen Berechnungen die Sorgfalt in eigenen Angelegenheit eingehalten (weshalb er im Verhältnis zum Beklagten nicht allein hafte). Für die Annahme der Einhaltung der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten spreche der Beweis des ersten Anscheins, denn ihr VN habe sich durch die pflichtwidrig fehlerhaft vorgenommenen Berechnungen in erheblichem Maße auch selbst geschädigt.

Ohne abschließend zu entscheiden, ob im Verhältnis der Mitglieder der vormaligen ARGE bei der Frage nach dem Umfang von Gesamtschuldnerinnenausgleichsansprüchen gemäß § 426 Absatz 1 Satz 1 BGB dem allein schadenverursachenden Mitgesellschafter die Haftungsprivile-gierung des § 708 BGB zu Gute komme, lehnt der BGH im konkreten Fall die Anwendung von § 708 BGB ab. Er führt aus, für die Frage des Eingreifens der Haftungsbeschränkung nach § 708 BGB im einzelnen Schadenfall könne nicht lediglich auf das Verhalten des schädigenden Mitgesellschafters in diesem Fall abgestellt werden, vielmehr müsse positiv festgestellt werden, dass sich der schädigende Mitgesellschafter in eigenen Angelegenheiten (in seinem Pflichtenkreis generell), für die anderen Gesellschafter und die Gesellschaft erkennbar, einer nur reduzierten Sorgfalt befleißige. Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen einer Haftungsbeschränkung sei derjenige Gesellschafter, der sich auf die Haftungsbeschränkung beruft, darlegungs- und beweispflichtig, im Streitfall mithin die Klägerin. Dieser Beweis könne von der Klägerin prima face nicht dadurch geführt werden, dass sie nachweise, dass sich der schädigende Mitgesellschafter selbst geschädigt habe. Denn insoweit betrachte sie ausschließlich das Verhalten ihres VN im zu entscheidenden Einzelfall, maßgeblich sei aber, ob ihr VN in eigenen Angelegenheiten stets eine geringere als die im Verkehr erforderliche Sorgfalt anzuwenden pflege. Diesen Beweis, an den strenge Anforderungen zu stellen seien, habe sie nicht geführt, sie habe insoweit nicht einmal eine tragfähige Tatsachengrundlage für eine Beweiserhebung vorgetragen.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs macht deutlich, dass die Hürden für eine Inanspruchnahme des Haftungsprivilegs des § 708 BGB hoch liegen. Nur wenn es dem von der Gesellschaft oder einem Mitgesellschafter im Rahmen des Gesamtschuldnerinnenausgleichs in Anspruch genommenen schädigenden Gesellschafter gelingt, hinreichende Tatsachen dafür darzutun, dass er – für die anderen Gesellschafter und die Gesellschaft erkennbar – in eigenen Angelegenheiten generell eine geringere Sorgfalt als die im Verkehr erforderliche an den Tag legt, kann er in den Genuss des Haftungsprivilegs kommen.

[BGH, Urt. v. 24.09.2013 – Az. II ZR 391/12]