23. Januar 2014
Fristgerechte und nachgeschobene fristlose Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages: Kein einheitlicher Rechtsweg für die Klage des gekündigten Geschäftsführers?
Bei ordentlicher Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages, nachfolgender Abberufung als Geschäftsführer (und bezahlter Freistellung) und anschließender nachgeschobener fristloser Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags können sich für eine Klage gegen die ordentliche Kündigung einerseits und gegen die fristlose Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags andererseits unterschiedliche Rechtswege ergeben.
Dem Vernehmen nach hat das Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 15.11.2013 (die Beschlussgründe liegen uns noch nicht vor) offenbar entschieden, dass die Klage eines Geschäftsführers gegen die ordentliche Kündigung seines Geschäftsführeranstellungsvertrags und gegen eine nachgeschobene fristlose Kündigung vor unterschiedlichen Gerichten zu erheben ist. Wie kann das sein, fragt man sich beim ersten Hinsehen.
Nach ständiger Rechtsprechung ist der Geschäftsführer einer GmbH, der als deren Organ u.a. auch die Weisungsbefugnisse gegenüber den Arbeitnehmern ausübt, Kraft dieser Stellung nicht Arbeitnehmer, so dass für Aktiv- oder Passivprozesse unter Beteiligung eines Geschäftsführers grundsätzlich nur der Weg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist.
Vor den Arbeitsgerichten kann – abgesehen von hier nicht interessierenden Fällen – nur geklagt werden, wenn es sich um eine Streitigkeiten zwischen einem Arbeitnehmer und seinem Arbeitgeber handelt oder wenn eine Vereinbarung zwischen einer juristischen Person des Privatrechts (beispielsweise einer GmbH) und deren Vertretungsorgan (dem Geschäftsführer oder Vorstand) besteht, wonach ein Rechtsstreit zwischen diesen vor die Gerichte für Arbeitssachen gebracht werden soll (§ 2 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 ArbGG) (eine solche Vereinbarung lag dem Rechtsstreit offenbar nicht zugrunde; man wird eine solche Rechtswegevereinbarung in der Praxis auch kaum vorfinden).
Zu einem Auseinanderfallen des Rechtswegs für Klagen ein und desselben Geschäftsführers wegen mehrfacher Kündigung seines Geschäftsführeranstellungsvertrages kann es nur kommen, wenn der Geschäftsführer von den Kündigungen seines Vertrages einmal in seiner Funktion als Unternehmensleiter (Nicht-Arbeitnehmer) und ein anderes Mal als weisungsabhängiger Arbeitnehmer betroffen ist. Dies ist nur in folgender Fallkonstellation denkbar:
Der Anstellungsvertrag wird zunächst ordentlich gekündigt, und zwar zu einer Zeit, in dem der Gekündigte als Organ der Gesellschaft noch nicht abberufen ist. Die Kündigung des Dienstvertrages richtet sich in diesem Fall gegen einen Dienstverpflichteten, der infolge seiner Stellung als Organ der Gesellschaft nicht Arbeitnehmer ist.
Beruft die Gesellschafterversammlung nach erfolgter ordentlicher Kündigung des Anstellungsvertrages nunmehr ihren Geschäftsführer ab und schiebt sie danach während des Laufes der ordentlichen Kündigungsfrist eine fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages nach, wird der vormalige Geschäftsführer durch die fristlose Kündigung nicht mehr in der Funktion eines Organs der Gesellschaft betroffen, sondern als Arbeitnehmer. Dies gilt freilich nur dann, wenn der von der Kündigung Betroffene nur Fremdgeschäftsführer oder nur minderheitsbeteiligter Gesellschafter – Geschäftsführer war. Handelt es sich um einen beherrschenden Gesellschafter -Geschäftsführer, kann er auch bei Verlust seiner Organstellung nicht Arbeitnehmer sein. Denn wegen seiner Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung kann diese im für seine Tätigkeit im Rahmen des Dienstverhältnisses keine Weisungen erteilen, denen er nicht zustimmt.
Will sich der vormalige (Fremd- oder minderheitsbeteiligte Gesellschafter-)Geschäftsführer nun gegen die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrags wehren, sind für die Entscheidung dieses Rechtsstreits die Arbeitsgerichte zuständig.
Ein kurioses, wenngleich bei entsprechender Fallkonstellation begründbares Ergebnis. Sobald uns die Urteilsgründe verfügbar sind, werden wir ggf. ergänzend berichten.